PUBLICA informiert Neun Fragen an den scheidenden Direktor

Dieter Stohler
Direktor PUBLICA
Sie verlassen PUBLICA vor Erreichen des ordentlichen Rentenalters. Macht Ihnen die Arbeit bei PUBLICA keinen Spass mehr?
Die Arbeit bei PUBLICA ist und bleibt spannend und anspruchsvoll. Aber nach acht dreiviertel Jahren ist es Zeit für einen Wechsel. Sowohl für die Unternehmung PUBLICA und deren Mitarbeitende als auch für mich persönlich. Ich habe immer gesagt, dass ein CEO eines Betriebes wie PUBLICA nicht länger als zehn Jahre im Amt bleiben sollte. Immerhin habe ich es länger ausgehalten als meine PUBLICA-Vorgänger! Es war immer mein Ziel, darauf hinzuarbeiten, dass es mich für das operative Geschäft nicht mehr braucht. Das haben wir erreicht: Die einzelnen Geschäftsbereiche mit ihren ausgezeichneten Leitenden bzw. Geschäftsleitungs-Kolleginnen und -Kollegen arbeiten weitgehend selbständig, und das auf eine Weise, wie ich das wollte. Nämlich mit gewissen Gestaltungsfreiheiten auf allen Ebenen, was den Job interessant macht und die Eigenverantwortung fördert. Unsere Mitarbeitenden haben ein sehr grosses Know-how. Von der operativen Seite her bräuchte ich jetzt vor allem Digitalisierungskompetenzen, was nicht mein Spezialgebiet ist. Und da sind wir bei der persönlichen Komponente des Wechsels: Ich möchte mich wieder vermehrt den Vorsorgefragen zuwenden und den Anteil an Bürokratie und technischen Fragen dafür abbauen. Und ich gebe zu, dass die Verantwortung für ein 40-Mia-Unternehmen natürlich auch Spuren der Ermüdung hinterlassen hat. Als CEO ist man – gefühlt – 24 Stunden die Schaltzentrale, ich freue mich auf den Moment, diese per 1. Oktober einer Nachfolgerin bzw. einem Nachfolger übergeben zu können.
Was machen Sie am 1. Oktober 2020 und danach konkret?
Die zweite Säule, der ich mein ganzes Berufsleben widmete, fasziniert mich weiterhin. Ich gründe die «Dieter Stohler Vorsorge GmbH» und werde verschiedene Mandate im Bereich der beruflichen Vorsorge betreuen, als Dozent, Berater und vor allem auch als Mitglied in Stiftungs- und Verwaltungsräten. Mein Motto heisst: Erfahrung weitergeben. Das Berufsbild eines «Profi-Stiftungsrates» von Pensionskassen fasziniert mich seit längerem, jetzt kann ich auch diesen Traum verwirklichen und meine Erfahrung in verschiedene Gremien und als Dozent einbringen. Zurzeit bekomme ich so viele Anfragen, dass ich bereits bald «ausgebucht» sein werde. Dabei wollte ich eigentlich auch im Sinne einer «Bogenkarriere» verfahren und die gesamte Arbeitsbelastung etwas reduzieren. Doch wenn einen das Fachgebiet begeistert, dann fällt das Neinsagen schwer.
Ich freue mich jedenfalls auf den Wechsel, auf die Erweiterung meines Horizonts und auf neue persönliche Kontakte!
Wo steht PUBLICA im Zeitpunkt Ihrer Übergabe? Haben Sie Ihre Ziele und Vorhaben mit PUBLICA erreicht?
Auf der operativen Seite habe ich meine Ziele weitgehend erreicht. Wir konnten unnötiges «Fett» abbauen, die Prozesse effizienter gestalten und Unnötiges weglassen, ohne unsere Dienstleistungen abzubauen. Die Kundin und der Kunde, sei es als versicherte Person oder als Arbeitgeberin, als Vorsorgewerk oder als Partnerfirma, wurde verstärkt ins Zentrum gerückt. Denn ohne Kunden gäbe es keine PUBLICA. Also weg von einer herablassenden Bedienung von «Zwangskunden» zu einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit. Dazu gehört auch der verstärkte Fokus auf die Kommunikation. Diese Arbeit trägt Früchte: Die Umfragen zur Kundenzufriedenheit bleiben auf hohem Niveau konstant, die Verwaltungskosten konnten gesenkt werden und PUBLICA besitzt einen ausgezeichneten Ruf. Vertrauen in die eigene Pensionskasse ist sehr wichtig und wertvoll, das muss täglich neu gewonnen werden mit zuverlässiger Arbeit und mit qualitativ hochstehenden Dienstleistungen. Dabei gilt ganz besonders: Transparenz schafft Vertrauen! Die von mir initiierten Informatikprojekte konnten erfolgreich durchgeführt werden. Lediglich in zeitlicher Hinsicht musste ich mich oftmals nach der Decke strecken und ich gebe zu, dass ich die Produktivsetzung des aktuellen Grossprojekts mit dem neuem Versicherten- und Rentenbeziehendenportal gerne noch vor Ort erlebt hätte. Aber auch hier sind die Vorarbeiten geleistet, das wird eine tolle Sache!
Auch auf der strategischen Seite haben wir die wichtigsten Hausaufgaben gemacht und aus dem schwierigen (Zins-) Umfeld wohl das Beste daraus gemacht. Mit einer Anlagestrategie und einer Umsetzung, die äusserst konsequent auf Diversifikation setzt, werden die Risiken minimiert. Auch die Klimarisiken werden bei PUBLICA seriös evaluiert und in die Anlagestrategie einbezogen. Denn PUBLICA ist nur beschränkt risikofähig, was bedeutet, dass im Falle einer Unterdeckung die Sanierungslasten schnell sehr hoch würden, um wieder die verlangten 100% zu erreichen. Dass dies so ist, hängt mit der Bestandstruktur zusammen; PUBLICA hat im Vergleich mit anderen Pensionskassen einen recht hohen Rentneranteil. Also gilt es auch, die versicherungstechnischen Parameter (Umwandlungssatz, technischer Zinssatz) tendenziell vorsichtig festzulegen, was zu Anpassungen per 1. Juli 2012, 1. Januar 2015 und 1. Januar 2019 führte. Dass diese Umwandlungssatz-Senkungen von den Sozialpartnern so gut mitgetragen wurden, ist alles andere als selbstverständlich. Es bleibt für mich absolut positiv in Erinnerung, dass von allen Seiten, auch von den Versicherten her, grosses Verständnis für diese unbeliebten Massnahmen entgegengebracht wurde.
Es würde nicht zu mir passen, wenn ich nicht auch darüber berichten würde, dass ich nicht alle Ziele und Vorhaben erreicht habe. Im Bereich der Gewinnung von öffentlichen Betrieben als Neukunden von PUBLICA mussten wir unsere Anstrengungen auf Geheiss der Kassenkommission weitgehend einstellen, was zwar wiederum Kosten sparte. Auf lange Sicht, mit Blick auf den natürlichen Wegfall der geschlossenen Rentner-Vorsorgewerke und zur Aufrechterhaltung der Wettbewerbsfähigkeit der Sammeleinrichtung PUBLICA würde ich persönlich eine weniger defensive Strategie verfolgen. Ebenfalls bin ich der Ansicht, dass die gesetzlichen Rahmenbedingungen für die Durchführung der Vorsorge bei PUBLICA einer dringenden Überarbeitung bedürfen. Auch die teils emotional geführten Diskussionen über die Gesetzeskollision zwischen BVG und Bundespersonalgesetz kann man wohl nur mit einer regulatorischen Bereinigung lösen. Meine Vorstösse in Sachen Gesetzesanpassung sind leider immer wieder im Sand verlaufen, zumindest bisher.
Was würden Sie anders machen, wenn Sie nochmals bei PUBLICA anfangen könnten?
Was hat Ihnen am meisten Freude bereitet?
Was hat Ihnen am wenigsten gefallen?
Die Welt ist im Umbruch, das Klima erwärmt sich, die Energiewende nicht mehr aufzuhalten. Und jetzt noch Coronavirus. Was bedeutet das für die Pensionskassen? Wie schätzen Sie die Zukunft der zweiten Säule in der Schweiz ein?
Wie beurteilen Sie die Zukunft für PUBLICA?
Was wollen Sie unserer Leserschaft noch mitteilen? Ihre letzte Gelegenheit!
Ich möchte allen herzlich danken für die tolle Zusammenarbeit! Ich durfte vom 1. Januar 2012 an eine grosse Unterstützung erfahren. Den oftmals komplexen und im aktuellen Umfeld nicht immer erfreulichen Angelegenheiten der Pensionskasse des Bundes PUBLICA sind Sie, liebe Leserin und lieber Leser, mit viel Verständnis begegnet und haben mit Ihrem Beitrag zum guten Funktionieren beigetragen. Ein besonderer Dank geht an meine Mitarbeitenden, an die Kassenkommission, an die paritätischen Organe der Vorsorgewerke und an die Arbeitgeber sowie an die Delegiertenversammlung und die Sozialpartner. Sie alle «mit im Boot» zu haben, hat dazu geführt, dass das Schiff mit dem Namen PUBLICA weiterhin auf Kurs ist.